Fortsetzung von Gewalt im digitalen Raum
Im Wesentlichen kann Digitale Gewalt als eine Fortsetzung der "analogen" Gewalt betrachtet werden, die sich auf digitale Plattformen und Medien ausweitet oder dort fortsetzt und sich in ihrer Ausgestaltung an den jeweiligen Kontext und die Medialität sowie der Verfügbarkeit des Internets anpasst.
Was ist Digitale Gewalt?
Digitale Gewalt bezeichnet jegliche Form von aggressivem Verhalten, das über digitale Medien wie das Internet, soziale Netzwerke, Messaging-Plattformen oder digitale Geräte ausgeübt wird. Dies umfasst eine Vielzahl von Handlungen, darunter Cybermobbing, die Verbreitung von Gewaltdarstellungen, Stalking, Bedrohung, Hass im Netz, sexuelle Belästigung oder Sextortion. Im Gegensatz zur physischen Gewalt manifestiert sich digitale Gewalt häufig in psychischem Stress, Angstzuständen und emotionaler Belastung für die Betroffenen, wobei die Auswirkungen durch die unbegrenzte zeitliche und räumliche Verbreitungsmöglichkeit digitaler Inhalte massiv verstärkt werden.
Die Auswirkungen und Herausforderungen
Die unbegrenzten Verbreitungsmöglichkeiten digitaler Gewalt haben eine Qualität erreicht, die es Tätern ermöglicht, ihre Opfer rund um die Uhr und weltweit zu erreichen. Opfer sind einer ständigen Bedrohung ausgesetzt, die ihr Privatleben durchdringt und sie oft isoliert und ohnmächtig fühlen lässt. Die Möglichkeit, digitale Gewalt zu löschen oder zu kontrollieren, ist begrenzt. Die Betroffenen leiden unter wiederholter Viktimisierung durch die fortlaufende Verbreitung der Inhalte.
Maßnahmen zum Schutz vor Digitaler Gewalt
Um sich vor digitaler Gewalt zu schützen, sollten Sie folgende Maßnahmen beachten:
- Bewahren Sie Ihre Privatsphäre: Geben Sie so wenig persönliche Daten wie möglich preis und überprüfen Sie regelmäßig die Datenschutzeinstellungen Ihrer Dienste und Profile.
- Seien Sie vorsichtig mit neuen Kontakten: Vertrauen Sie nicht sofort neuen Online-Bekanntschaften und teilen Sie keine sensiblen Informationen.
- Achten Sie auf Ihre Sicherheitseinstellungen: Nutzen Sie die Sicherheitseinstellungen in sozialen Netzwerken und anderen digitalen Plattformen, um Ihre Inhalte zu schützen. Setzen Sie auf sichere Passwörter und Zwei-Faktor-Authentifizierung.
- Brechen Sie den Kontakt ab: Wenn Gespräche unangenehm werden oder Sie sich bedroht fühlen, brechen Sie den Kontakt ab und suchen Sie Unterstützung bei Vertrauenspersonen oder Hilfsorganisationen.
- Holen Sie sich Hilfe: Zögern Sie nicht, Hilfe von Behörden oder Hilfsorganisationen in Anspruch zu nehmen, wenn Sie Opfer von digitaler Gewalt werden. Sie sind nicht allein, und es gibt Unterstützungsmöglichkeiten, um mit der Situation umzugehen.
Handlungsleitfaden der Polizei bei digitaler Gewalt
- Wer von digitaler Gewalt betroffen ist, sollte zuallererst Beweise sichern. Solange es sich nicht um Nacktbilder Minderjähriger handelt, kann ein rechtssicherer Screenshot angefertigt werden.
- Erst danach den Beitrag bei der jeweiligen Plattform oder dem Betreiber melden. (Nach einer Meldung kann eventuell nicht mehr auf den gemeldeten Beitrag zugegriffen werden.)
- Als nächsten Schritt die digitale Gewalt bei der Polizei melden.
Als Betroffene oder Betroffener von digitaler Gewalt melden Sie sich bei Bedarf beim Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS unter der 116 006 oder online unter weisser-ring.de/hilfe-fuer-opfer/onlineberatung
Digitale Gewalt ist eine komplexe und weitreichende Problematik, die eine umfassende Auseinandersetzung erfordert. Durch Aufklärung, Prävention und Unterstützung können wir dazu beitragen, eine sicherere und respektvollere digitale Umgebung für alle zu schaffen.
Formen der Digitalen Gewalt
Digitale Gewalt ist keineswegs ein einheitliches Phänomen. Vielmehr passt sie sich an verschiedene Kontexte im digitalen Raum an und umfasst praktisch alle Delikte, die - insbesondere psychische - Gewalt beinhalten oder damit einhergehen. Eine differenzierte Betrachtung zeigt die Vielschichtigkeit dieses Phänomens (Liste nicht abschließend).
- Cybermobbing verlagert die anhaltende und gezielte Schikane Einzelner oder Gruppen in die digitale Welt. Cybermobbing findet sich in sozialen Medien, Messaging-Apps und Online-Plattformen. Durch die Anonymität des Internets scheint die Hemmschwelle für Mobbingaktivitäten zu sinken (sogenannter "Online-Enthemmungseffekt"). Besonders problematisch ist, dass die Täter rund um die Uhr aktiv sein können und ein großes Publikum finden, das ihre Taten verfolgt und im schlimmsten Fall unterstützt.
Nutzung von Deepfakes: Durch die rasante Entwicklung von KI-Tools können täuschend echte Fälschungen von Bildern, Videos und Tonaufnahmen mit nur wenigen Klicks erstellt werden. Diese Fälschungen können die Täter anschließend für Cybermobbing nutzen oder damit gezielt Personen diskreditieren. - Hass im Netz in Form von Beleidigungen, Hassreden, Diskriminierung oder dem Schüren von Vorurteilen sind alltägliche Erscheinungen in sozialen Medien, Kommentarspalten und Chats. Häufig zielt dieser Hass auf typische stereotype Feindbilder wie Geschlecht, Herkunft, Religion und sexuelle Orientierung. Die Auswirkungen von Hatespeech sind nicht nur für die direkten Opfer, sondern für die gesamte Gesellschaft und gravierend.
- Bedrohung über digitale Kanäle, sei es in Form von direkten Nachrichten, öffentlichen Kommentaren oder anonymen Posts, sollen Betroffene einschüchtern und verängstigen und beziehen sich häufig auf Personen und deren gesellschaftliches oder politisches Engagement. Die permanente Verfügbarkeit solcher Bedrohungen im digitalen Raum kann zu anhaltendem Stress und Angstzuständen führen, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen.
- Auch die Verbreitung von Gewaltdarstellungen findet über das Internet statt. Opfer von Gewalt und/oder sexuellen Übergriffen leiden über die direkten Auswirkungen der Taten hinaus zusätzlich auch unter der permanenten und praktisch unbegrenzten Verfügbarkeit und der damit einhergehenden kontinuierlichen und Viktimisierung.
- Von sexueller Belästigung und Sextortion sind häufig schon Kinder und Jugendliche betroffen. Das Versenden unerwünschter intimer Aufnahmen (Dickpics oder Nudes) und die Erpressung mit diesen Bildern oder Videos stellen eine ernste Bedrohung der persönlichen Integrität dar. Opfer fühlen sich oft allein gelassen und schämen sich, über das Erlebte zu sprechen oder rechtliche Schritte einzuleiten.
- Bei Cybergrooming versuchen Erwachsene gezielt Kontakt zu Minderjährigen aufzubauen, um einen sexuellen Missbrauch anzubahnen. Dabei geben sich die Täter häufig selbst (zunächst) als Gleichaltrige aus, um Vertrauen zu erschleichen. Problematisch ist die direkte Erreichbarkeit der Kinder über soziale Netzwerke, Chats, Foren usw.
- Erpressung bzw. Nötigung: Durch die Androhung von Gewalt, Veröffentlichung von kompromittierenden Informationen oder anderen Druckmitteln versuchen Täter, ihre Opfer zu erpressen oder zu nötigen. Diese Form der digitalen Gewalt kann schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Opfer haben.
- Stalking umfasst das belästigende Verfolgen und Überwachen einer Person über digitale Kanäle oder Endgeräte. Täter können durch das Senden von unerwünschten Nachrichten, das Verfolgen von Aktivitäten in sozialen Medien oder das Aufspüren persönlicher Informationen eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit für die Betroffenen schaffen.
- Doxing umfasst das Sammeln und Veröffentlichen persönlicher Daten einer Person ohne deren Zustimmung. Ziel ist es oft, Opfer bloßzustellen, zu bedrohen oder zu schaden. Täter nutzen öffentlich zugängliche Informationen, wie E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Wohnorte und Arbeitsstellen, um ihre Opfer zu identifizieren und anzugreifen.
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Reel Digitale Gewalt
Lesen Sie auch die gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministerium des Innern und für Heimat, des Weißer Ring e.V. und der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes.