Häusliche Gewalt

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Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt.

Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie liegt auch vor, wenn sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht.

Der Ort des Geschehens kann dabei auch außerhalb der Wohnung liegen, z.B. Straße, Geschäft und Arbeitsstelle, häufig ist jedoch die Wohnung selbst der Tatort.

 

Häusliche Gewalt ist verletzend, strafbar und keine Privatangelegenheit

Häusliche Gewalt hat vielfältige Erscheinungsformen. Sie reichen von subtilen Formen der Gewaltausübung durch Verhaltensweisen, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Geschädigten/des Geschädigten ignorieren, über Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen, Bedrohung sowie psychischen, physischen und sexuellen Misshandlungen, Freiheitsberaubung bis hin zu Vergewaltigungen oder gar zu versuchten oder vollendeten Tötungen.

Fast alle Formen häuslicher Gewalt stellen Handlungen dar, die gesetzlich mit Strafe bedroht sind: Häusliche Gewalt ist kein eigener Straftatbestand. In Frage kommen zahlreiche Straftatbestände, die im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ein polizeiliches Tätigwerden von Amts wegen auslösen, denn häusliche Gewalt ist nie Privatsache. Es gilt: "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich." (Art. 2 Grundgesetz)

 

Das Besondere an häuslicher Gewalt

Häusliche Gewalt betrifft alle Bildungs- und Einkommensschichten gleichermaßen. Sie existiert in allen Altersgruppen, Nationalitäten, Religionen und Kulturen.

Häusliche Gewalt entsteht nicht – wie z. B. bei einer Kneipenschlägerei – aus einer konkreten Situation heraus. Sie ist vielmehr Ausdruck eines andauernden Macht- und Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Täter bzw. Täterin und Opfer.

Beziehungen, in denen Gewalt ausgeübt wird, unterliegen häufig einer Eigendynamik, die einem bestimmten Muster folgt. Typisch ist dabei, dass sich die Situation zunächst beruhigt und der oder die Gewaltausübende sich entschuldigt, dann aber weiter gewalttätig wird. Eventuell werden mit der Zeit die Abstände zwischen den einzelnen Gewaltausbrüchen kürzer und die Schwere der Gewalt nimmt zu. Bei häuslicher Gewalt handelt es sich also nicht um Einzelfälle. Studien für Deutschland und Europa belegen, dass etwa ein Viertel aller Frauen in Deutschland irgendwann in ihrem Leben Opfer häuslicher Gewalt wird. Auch Männer und ältere im Haushalt lebende Personen sind von häuslicher Gewalt betroffen.

Kinder sind dieser Form von Gewalt in besonderem Maße hilflos ausgesetzt. Wenn sie in ihrer Familie Gewalt als Konfliktlösungsmuster kennenlernen, Gewalt selbst erfahren oder beobachten, neigen sie oft dazu, später selbst gewalttätig oder Opfer von Partnerschaftsgewalt zu werden. Schon deshalb muss häusliche Gewalt verhindert bzw. umgehend gestoppt werden.

 

Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung

Väter und Mütter wollen ihren Kindern gute Eltern sein, ihnen Zuwendung geben, sie fördern und beschützen. Sicher gibt es Auseinandersetzungen zwischen Eltern, doch die Kinder sollten erleben, dass Eltern sich streiten und wieder vertragen. In manchen Familien mündet ein Streit in Gewalt. Die meisten Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, schämen sich für das Verhalten ihrer Eltern. Das macht es ihnen schwer, sich jemandem anzuvertrauen. Außerdem lastet auf ihnen oft ein enormer Druck, denn sie müssen Aufgaben übernehmen, denen das Opfer nicht mehr gewachsen ist. Damit sind Kinder überfordert.

Wenn sie sich in den Streit einmischen, können sie sich selbst in Gefahr bringen.

Kinder fühlen sich schuldig für das, was zu Hause passiert. Ihnen muss deutlich gemacht werden, dass sie für das Verhalten ihrer Eltern nicht verantwortlich sind. Sie orientieren sich an dem, was ihre Eltern ihnen vorleben. Wenn sie Gewalt erleben, wird diese zur Normalität. Sie lernen, dass Gewalt zur Durchsetzung eigener Interessen „normal“ ist. Sie lernen nicht, dass es in Konfliktsituationen auch positive Verhaltensalternativen gibt. Im Erwachsenenalter wiederholt sich für diese Kinder oft das Erlebte, nämlich die Ausübung bzw. die Erduldung von Gewalt. Kinder brauchen daher qualifizierte Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Gewalterfahrungen. Dies erfolgt z. B. durch Fachberatung in Jugendämtern, durch Erzieherinnen in Frauenhäusern und/oder spezielle Angebote von Traumazentren für Kinder und Jugendliche.

 

Sie wurden Opfer oder bedroht?

  • Bei akuter Bedrohung, wählen Sie 110! Die Polizei wird alles Erforderliche tun, um Sie zu schützen.
  • Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten.
  • Zur Anzeigenerstattung kann Sie eine Person Ihres Vertrauens und/oder ein Rechtsbeistand begleiten.
  • Erhält die Polizei Kenntnis über Häusliche Gewalt (z.B. durch Anrufe von Nachbarn), muss sie von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren einleiten.
  • Wenn Sie sich noch nicht entscheiden können, die Polizei zu rufen, wenden Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens oder lassen Sie sich beraten, aber handeln Sie!
  • Setzen Sie sich mit einer Beratungs- oder Interventionsstelle für Häusliche Gewalt in Verbindung. Den Kontakt in Ihrer Nähe vermittelt Ihnen die Polizei oder das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 116 016 (rund um die Uhr und in vielen Sprachen) sowie das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" 0800 123 9900.
  • Notieren Sie sich Einzelheiten zu den Vorfällen, wie Datum, Uhrzeit und was genau geschehen ist.
  • Suchen Sie einen Arzt auf, nennen Sie ihm den Ursprung der Verletzungen und lassen Sie die Verletzungen attestieren und z. B. fotografieren, um sie für eine mögliche Strafanzeige beweissicher dokumentiert zu haben.
  • Frauenhäuser bieten Ihnen ebenfalls Schutz vor Bedrohung und die Mitarbeiterinnen können Sie bei weiteren Schritten beraten.
  • Wenn Sie bedroht oder unter Druck gesetzt werden, melden Sie dies unbedingt der Polizei. Nur so kann die Polizei schnell geeignete Maßnahmen zu Ihrem Schutz einleiten.

 

Wohnungsverweisung

Zur Abwehr von Gefahren und Verhinderung weiterer Gewalttaten kann die Polizei eine Reihe von Maßnahmen treffen:

  • Wenn Gewalt angewendet wurde, kann die Polizei den Täter oder die Täterin der Wohnung verweisen und ein Rückkehrverbot für mehrere Tage aussprechen, wenn die Gefahr weiterer Gewalthandlungen besteht. In manchen Bundesländern kann sie zudem ein vorübergehendes Kontakt- und Näherungsverbot aussprechen.
  • Ein Verstoß gegen die Gewaltschutzverfügung und das Rückkehrverbot kann mit Ordnungsgeld oder mit Ordnungshaft verfolgt werden. Versucht der Täter oder die Täterin während des Rückkehrverbots in die Wohnung zu kommen, informieren Sie auf jeden Fall die Polizei.
  • Die mehrtägige Frist des polizeilichen Wohnungsverweises gibt den Opfern die Möglichkeit, in Ruhe Beratung in Anspruch zu nehmen, bei einer Hilfeeinrichtung vor Ort Unterstützung zu holen und zivilrechtlichen Schutz zu erwirken. 

 

Zivilrechtlicher Schutz

Mit dem Gewaltschutzgesetz werden die Schutzmöglichkeiten der Opfer häuslicher Gewalt deutlich gestärkt und die Täter und Täterinnen stärker zur Verantwortung gezogen. Es ermöglicht dem Familiengericht, dem Täter langfristig ein Betreten der gemeinsamen Wohnung zu verbieten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um eine Eskalation der Gewalt in der Familie oder Beziehung zu unterbrechen. Außerdem können gegenüber dem gewalttätigen Partner Näherungsverbote und die Untersagung von Kontakten (Anrufe, Nachrichten per SMS, Fax, E-Mail, sozialer Netzwerke) sowie anderer Formen der Belästigung ausgesprochen werden. Darüber hinaus kann das Gericht den Täter dazu verpflichten, der gefährdeten Person die gemeinsam genutzte Wohnung zumindest befristet (grundsätzlich für sechs Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung um höchstens sechs weitere Monate) zu überlassen – unabhängig von der Frage, wer Allein- oder Miteigentümer bzw. Mieter der Wohnung ist.

 

Zivilrechtlichen Schutz beantragen

Sie können sich an das Familiengericht wenden und eine Schutzanordnung beantragen, indem Sie dort persönlich und/oder unter Hinzuziehung eines Anwalts vorstellig werden. Der Familienrichter kann bestimmen, dass der Täter oder die Täterin Täter sich an Schutzanordnungen halten muss, zum Beispiel:

  • Die gemeinsame Wohnung auch längerfristig oder dauerhaft zu verlassen,
  • eine bestimmte Entfernung zum Opfer oder dessen Kindern einzuhalten oder
  • jeglichen Kontakt zu meiden.

Ein Verstoß gegen gerichtliche Schutzanordnungen ist eine Straftat gemäß § 4 Gewaltschutzgesetz und wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Missachtet der Täter bzw. die Täterin die Schutzanordnungen, informieren Sie unverzüglich die Polizei! Diese hat vom Gericht Kenntnis von der Schutzanordnung und kann weitere notwendige Maßnahmen zum Ihrem Schutz treffen.

Beachten Sie, dass der Antrag auf zivilrechtlichen Schutz kostenpflichtig sein kann. Eventuell haben Sie Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe, wenden Sie sich hierfür an das Gericht.

 

Umgangsrecht für Kinder

Besteht ein Umgangsrecht des Täters oder der Täterin für ein gemeinsames Kind, kann die Schutzanordnung eingeschränkt werden. Droht weitere Gewaltanwendung und damit eine Gefährdung des Kindeswohls, kann mit Hilfe des Jugendamtes oder eines Anwalts veranlasst werden, dass das Umgangsrecht nur eingeschränkt wahrgenommen oder ausgesetzt wird. Mögliche Regelungen sind:

  • die Übergabe in einem geschützten Raum,
  • der begleitete oder betreute Umgang oder
  • das Aussetzen des Umgangs.

 

Rechte und Ansprüche

  • Oft ist es sinnvoll, sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen. Er vertritt Ihre Interessen vor Gericht und darf bei Ihrer Vernehmung durch das Gericht oder der Staatsanwaltschaft anwesend sein. Allerdings ist meistens schon das erste Beratungsgespräch kostenpflichtig. Der Verein WEISSER RING bietet Opfern von Gewalt einen Beratungsscheck für das Erstgespräch an. In manchen Fällen können Sie beantragen, vom Gericht einen eigenen "Opferanwalt" bestellt zu bekommen. Der Opferanwalt oder die Opferanwältin vertritt dann Ihre Interessen im Strafverfahren und vor Gericht. Folgt das Gericht Ihrem Antrag, ist die opferanwaltliche Tätigkeit für Sie kostenfrei.
  • Auf Antrag können sie als "Nebenkläger" im Strafverfahren auftreten. Das erweitert Ihre Rechte. Informieren Sie sich zum Thema Nebenklage.
  • Eventuell haben Sie auch Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung.
  • Wer durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten hat, kann nach dem neuen Sozialen Entschädigungsrecht (SER) Versorgung erhalten (z.B. Heil - und Krankenbehandlung, Hilfen zur beruflichen Rehabilitation, Beschädigtenrente). Die Versorgung wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist an das für den Wohnort der/des Geschädigten zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Weitere Informationen finden Sie unter Recht auf Entschädigung. Diese Form der Entschädigung ist nicht mit Schadenersatz oder Schmerzensgeld zu verwechseln.
  • Opferhilfeeinrichtungen stehen Ihnen während des gesamten (Straf-) Verfahrens und darüber hinaus zur Seite und unterstützen Sie in allen Bereichen.

 

Hilfe und Unterstützung

Holen Sie sich professionelle Hilfe, um Unterstützung für den Weg aus der Gewalt zu erhalten.

Ansprechpartner vor Ort sind neben der Polizei, die in akuten Gewaltsituationen über den Notruf 110 jederzeit zu erreichen ist,

  • Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser (Frauenhauskoordinierung: www.frauenhauskoordinierung.de; bff: www.frauen-gegen-gewalt.de)
  • Notrufe für Frauen
  • Interventionsstellen für Opfer häuslicher Gewalt
  • Ehe- und Familienberatungsstellen
  • Gleichstellungsstellen der Landratsämter und Kommunen
  • Rechtsantragsstellen der Gerichte
  • Rechtsberatungsstellen
  • Opferhilfeorganisationen, z. B. WEISSER RING e.V. (www.weisser-ring.de oder über das Opfertelefon des Weissen Ring e.V. unter Tel.: 116 006)
  • Opferschutzbeauftragte der Polizei
  • Telefonseelsorge rund um die Uhr unter 0800 111 0111 oder 0800 111 0222.
  • Beim Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" können Sie sich unter der Rufnummer 116 016 an 365 Tagen zu jeder Uhrzeit anonym und kostenlos beraten lassen. Mit Hilfe von Dolmetscherinnen ist eine Beratung in vielen Sprachen möglich.
  • Hilfetelefon Gewalt an Männern: Suchen Sie Hilfe? Dann melden Sie sich gern unter der Rufnummer 0800 1239900 zu folgenden Sprechzeiten: Mo-Do: 08.00 - 20.00 Uhr oder Fr: 08.00 - 15.00 Uhr. Chatberatungszeiten sind Mo-Do: 12.00 - 15.00 Uhr sowie 17.00 - 19.00 Uhr. Gern können Sie sich auch per Mail melden: beratung@maennerhilfetelefon.de
  • Kontaktlandkarte zu Beratungsangeboten und Männerschutzeinrichtungen für gewaltbetroffene Männer

 


Der Film informiert Betroffene über das umfangreiche Beratungsangebot des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“.

Vorschaubild Spot Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Weinende Frau.

Eine Übersicht über Beratungsstellen steht auch auf odabs.org zur Verfügung.

 

Hilfe für Kinder

Kinder können sich bei Problemen zu Hause, in der Schule, mit Freunden oder wenn sie sich bedroht fühlen, Hilfe und Unterstützung holen: