Ziel der Kampagne ist es, jungen Menschen Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, um Verschwörungsmythen im Netz kompetent begegnen zu können. Die Besonderheit des Konzeptes: Der neunminütige interaktive Kurzfilm "Chris und Lea" unter www.zivile-helden.de/verschwoerungsmythen fordert die Zielgruppe dazu auf, aktiv in das Filmgeschehen einzugreifen und sich bewusst mit den Verschwörungserzählungen auseinanderzusetzen. Solche Erzählungen liegen oft in antidemokratischen (Ressentiments) und antisemitischen Stereotypen begründet – und können Menschen zu extremen Gewalttaten verleiten. Auch die Attentäter von München, Kassel, Halle oder Hanau beriefen sich bei ihren rassistischen und antisemitischen Terroranschlägen darauf. Nicht zuletzt deswegen ist die Sensibilisierung der Bevölkerung über Radikalisierung seit vielen Jahren ein Schwerpunktthema der Polizeilichen Kriminalprävention.
"Das Konzept der ‚Zivilen Helden‘ überzeugt durch authentische und damit greifbare Inhalte und spricht genau die Zielgruppe an, die wir auch erreichen wollen, nämlich junge Menschen, die wir über die Gefahren von Radikalisierung aufklären möchten. Auch das neue Video ist mit der Sprache und den Bildern dementsprechend jugendlich locker aufgebaut, vermittelt aber gleichzeitig viel Hintergrundwissen. Es informiert darüber, wie verstecktes antisemitisches Gedankengut oder hassgeprägte Meinungen Menschen beeinflussen können – und an welcher Stelle eine Einstellung in strafbares Verhalten übergeht", sagt Dr. Stefanie Hinz, Vorsitzende der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Sie betont: "Verschwörungsmythen sind alles andere als harmlos oder gar belustigend. Gerade deren brandgefährliche Botschaften kommen oftmals subtil und schwer durchschaubar daher. Deshalb ist es – gerade im Internet – wichtig, zu hinterfragen und gegebenenfalls auch zu widersprechen!"
Tipps der Polizei für den Umgang mit Verschwörungserzählungen:
- Texte und Überschriften kritisch betrachten: Falschmeldungen locken oft mit reißerischen Überschriften und sogenannten Clickbaits ("Klickköder"), die Emotionen ansprechen. Hier ist Vorsicht geboten: Wenn schockierende Behauptungen in einer Überschrift unglaubwürdig klingen, sind sie es vermutlich auch.
- Quellen genau prüfen: Wo kommt die Information her, ist der Absender vertrauenswürdig? Wenn überhaupt keine Quelle angegeben wird oder auf einer Website gar das Impressum fehlt, ist Vorsicht geboten.
- Fakten checken: Sind die Informationen wirklich korrekt? Wurde noch in anderen Medien, Zeitungen, Internetseiten darüber berichtet? Dabei helfen auch seriöse Faktenchecker-Seiten.
- Auf Verschwörungserzählungen hinweisen: Den Urheber der Meldung darauf hinweisen, dass er möglicherweise auf eine Verschwörungserzählung gestoßen ist bzw. eine solche verbreitet. Korrekte Quellenangaben fordern und dabei stets respektvoll sein.
- Problematische Inhalte melden: Inhalte, die Fake News oder Verschwörungsmythen enthalten, kann man direkt beim jeweiligen Onlinedienst als solche melden, damit sie gelöscht werden. Bei strafbaren Aussagen, sollte die Polizei informiert werden.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat fördert das Konzept, das auf einen Auftrag aus der Innenministerkonferenz zurückgeht, mit 475.000 Euro. "Zivile Helden" ist die Fortführung des interdisziplinären Forschungsprojektes "Präventive digitale Sicherheitskommunikation – ein innovativer Ansatz für Kriminalprävention in sozialen Online-Medien" (PräDiSiKo), das von Expertinnen und Experten aus der Medienethik, Kommunikationswissenschaft, Kriminologie, Rechtswissenschaft und der Ökonomie entwickelt wurde. Das Forschungsprojekt wurde in den Jahren 2016 bis 2019 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Zuge der Bekanntmachung „Zivile Sicherheit – Neue ökonomische Aspekte“ im Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ gefördert. Das Konzept der "Zivilen Helden" ist wissenschaftlich evaluiert worden. Es wurde nun um einen vierten Baustein zum Thema Rechtsextremismus, Antisemitismus und Verschwörungsmythen ergänzt. Auch die Entwicklung des neuen interaktiven Films erfolgte unter Beratung wissenschaftlicher Begleitforschung. Der Clip wird mit der Fragestellung "Wie groß ist der Kausaleffekt des interaktiven Films auf die politische Radikalisierung?" evaluiert.