Gewalt im sozialen Nahbereich

Der soziale Nahraum ist ein geschützter Bereich, in dem jeder Mensch Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen erwartet. Dorthin kann sich jeder zurückziehen und Kraft schöpfen. Wird dieser Lebensraum verletzt, kann dies für die Betroffenen schwer­wie­gen­de psychische und physische Folgen haben.

Rund ein Drittel aller Frauen wurden schon einmal Opfer von Be­zie­hungs­ge­walt. Aber auch Männer sind in Beziehungen Gewalt ausgesetzt. Dies kommt in allen Einkommens-, Bildungs- und Al­ters­schich­ten vor. Viele Betroffene suchen die Schuld bei sich selbst oder sehen keine Möglichkeit, die Beziehung zu beenden. Mitunter sind auch Kinder von der Gewalt zwischen den Eltern betroffen. Häusliche Gewalt und Straftaten im sozialen Nahbereich bleiben häufig unerkannt. Opfer schweigen aus Scham, Hilflosigkeit, Schuld­ge­füh­len. Oft werden Übergriffe vom Opfer her­un­ter­ge­spielt oder verschwiegen aus Angst vor weiteren Gewalttaten.

Gewalt im sozialen Nahbereich darf als Problem weder verschwiegen noch ba­ga­tel­li­siert werden, denn auch die Privatsphäre ist kein rechtsfreier Raum. Die Menschenwürde bleibt auch in Ehe und Familie oder anderen Wohn- und Le­bens­ge­mein­schaf­ten, in Pflege- oder Heimen das wichtigste Grundrecht einer Person.

Dabei ist es ganz unerheblich, wie alt die Menschen sind und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Das Recht auf körperliche Un­ver­sehrt­heit gilt auch hinter der Wohnungstür. Deshalb ist es für Opfer besonders wichtig, Be­ra­tungs­an­ge­bo­te in Anspruch zu nehmen.

Hilfe bei Gewalt in Beziehungen

  • Wenden Sie sich, vor allem in der akuten Be­dro­hungs­si­tua­ti­on, an die Polizei unter 110. Die Polizei muss Sie schützen und kann dazu Täter für mehrere Tage aus der Wohnung verweisen.
  • Lassen Sie mögliche Verletzungen immer von Ärzten dokumentieren.
  • Nehmen Sie pro­fes­sio­nel­le Hilfe in Anspruch, z.B. bei örtlichen Be­ra­tungs­stel­len. Das kostenlose Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" unter der Nummer 116 016 und via On­line-Be­ra­tung unterstützt Betroffene 365 Tage im Jahr rund um die Uhr und in mehreren Sprachen.
  • Beantragen Sie bei Gericht eine Schutz­an­ord­nung nach dem Ge­walt­schutz­ge­setz. Das Gericht kann den Gewalttäter für in der Regel sechs Monate aus der gemeinsamen Wohnung verweisen, auch wenn er der Mieter oder Eigentümer ist.
  • Das Gericht kann auch Anordnungen erlassen, die dem Täter verbieten, sich Ihnen gegen Ihren Willen zu nähern, Sie anzurufen, Kontakt zu Ihnen aufzunehmen usw. Dies schützt Sie auch außerhalb Ihrer Wohnung.
  • Wenn Ihr Partner/Ihre Partnerin Ihnen Gewalt androht, wenden Sie sich an die Polizei.
  • Als Opfer von Gewalt haben Sie Rechte, die Sie schützen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn Sie Zeuge von häuslicher Gewalt werden

  • Schauen Sie nicht weg. Machen Sie in einer akuten Situation auch andere (Nachbarn, Bekannte, Freunde) auf die Gewalt aufmerksam.
  • Bieten Sie Opfern Ihre Unterstützung an.
  • Als Angehörige, Freunde oder Nachbar können Sie sich anonym und kostenfrei unter der Nummer 116 016 des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen" beraten lassen.
  • Wenden Sie sich in akuten Be­dro­hungs­si­tua­tio­nen an die Polizei unter 110. Stellen Sie sich wenn nötig auch als Zeuge zur Verfügung.

Tipps für Migranten mit Auf­ent­halts­sta­tus in Deutschland

Straftaten gegen den Partner gibt es in allen sozialen Schichten, Na­tio­na­li­tä­ten und Religionen. Migranten, insbesondere Nicht-EU-Bür­ger, scheuen sich oft, sich an die Polizei zu wenden, wenn sie Gewalt in der Familie ausgesetzt sind. Für viele bedeutet die Familie den Le­bens­mit­tel­punkt. Zudem ist ihr Auf­ent­halts­sta­tus mitunter vom Ehepartner abhängig, weil sie sich bei­spiels­wei­se im Rahmen des Fa­mi­li­en­nach­zugs in Deutschland aufhalten.

  • Lassen Sie sich nicht davon abhalten, die Polizei zu rufen, wenn ihr Sie oder Ihre Kinder vom Partner geschlagen werden.
  • Wenn die Polizei Ihren gewalttätigen Partner aus der Wohnung weist oder Sie zu Freunden flüchten, ist Ihre Ehe nicht automatisch aufgelöst. Dadurch verlieren Sie Ihren Auf­ent­halts­sta­tus nicht! 
  • Sie haben ein eigenes Auf­ent­halts­recht, wenn Sie mindestens drei Jahre lang verheiratet in Deutschland gelebt haben.
  • Wenn Sie noch keine drei Jahre verheiratet sind und in Deutschland leben, können Sie auch ein eigenes Auf­ent­halts­recht erhalten. Das ist möglich, wenn die Gewalt in der Familie besonders schwerwiegend ist.
  • Lassen Sie sich beraten unter der Nummer 116 016 des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen". Hier werden Sie telefonisch und online in vielen Sprachen 365 Tage im Jahr rund um die Uhr unterstützt. Auch Angehörige, Bekannte und Freunde sowie Fachkräfte werden anonym und kostenfrei beraten.