Wissen schützt vor sexueller Gewalt

Kinder und Jugendliche brauchen die Hilfe von Erwachsenen, um vor sexuellem Missbrauch geschützt zu sein - oder mit dessen Folgen umgehen zu können. Das Wissen über die Straftat Kindesmissbrauch, über Täter und vor allem über Opfer von sexuellem Missbrauch ist ein erster Schritt, damit Erwachsene diese Aufgabe bewältigen können.

Tatsache ist:

  • Sexueller Kindesmissbrauch ist immer strafbar!
  • Sexuelle Gewalt im Kindesalter ist keine Ausnahmeerscheinung und geschieht oft in der Familie oder im sozialen Umfeld.
  • Auch Frauen begehen sexuellen Kindesmissbrauch. Zudem können auch Kinder und Jugendliche anderen sexuelle Gewalt antun.
  • Täterinnen und Täter nutzen ein ungleiches Machtverhältnis zwischen ihnen und ihren Opfern aus.
  • Täterinnen und Täter stammen aus allen Alters- und Gesellschaftschichten.

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Kindesmissbrauch ist immer strafbar

Sexueller Kindesmissbrauch ist keine Ausnahmeerscheinung: Die WHO geht in Deutschland von einer Million Mädchen und Jungen aus, die sexuelle Gewalt erleiden (Quelle: Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs). Verbale Belästigungen, sexuelle Berührungen, exhibitionistische Handlungen, Masturbation sowie orale, vaginale und anale Vergewaltigungen sind die häufigsten Formen des sexuellen Missbrauchs. Auch die Herstellung von Missbrauchsdarstellungen, auch Kinderpornografie genannt, ist eine Form des sexuellen Kindesmissbrauchs.

Sexueller Missbrauch von Kindern ist gemäß § 176 StGB (Strafgesetzbuch) eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Demnach macht sich ein Erwachsener oder Jugendlicher (14 Jahre und älter) strafbar, wenn er sexuelle Handlungen an einem Kind (jünger als 14 Jahre) vornimmt oder von einem Kind an sich vornehmen lässt. Sexuelle Handlungen können mit und ohne Körperkontakt stattfinden. Darunter fallen Berührungen im Intimbereich und orale, vaginale oder anale Vergewaltigungen. Auch das Zeigen oder gemeinsame Betrachten pronografischer Bilder oder das Entblößen von Geschlechtsteilen sind Missbrauchshandlungen.

Sexuelle Handlungen an oder mit Kindern sind immer strafbar, auch wenn sich das betroffene Kind scheinbar einverstanden gezeigt hat. Aufgrund seiner emotionalen und intellektuellen Entwicklung kann ein Kind einer sexuellen Handlung nicht wissentlich zustimmen - und somit niemals dafür verantwortlich sein, wenn es Opfer eines sexuellen Missbrauchs wird.

Entwicklung des Kindes besonders geschützt

Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Das Strafrecht schützt die ungestörte Entwicklung der sexuellen Selbstbestimmung. Es existiert eine Vielzahl einzelner Straftatbestände, die je nach Art der sexuellen Gewalt oder der Beziehung zwischen Täter und Opfer in entsprechenden Rechtsvorschriften erfasst sind.

Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Paragraphen:

Verjährungsfrist bei schweren Sexualstraftaten

Bei schweren Sexualstraftaten ruht die Verjährung der Tat bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Bis zu diesem Zeitpunkt ruht die Frist für Betroffene von Straftaten nach den §§ 176 bis 179, also sexueller Missbrauch, schwerer sexueller Missbrauch, sexueller Missbrauch mit Todesfolge, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge sowie sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen. Rechtsverbindlich wird die Verjährungsfrist von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht in jedem Fall individuell ermittelt.

Täterinnen und Täter gehören oft zur Familie

Die meisten Eltern denken bei sexuellem Missbrauch an einen gewalttätigen Angriff von Fremden. Tatsächlich aber kommen Täterinnen und Täter in über 70 Prozent aus dem sozialen Nahbereich der Kinder, aus der Familie, dem Bekanntenkreis, der Schule oder dem Verein. Der fremde Mann als Täter ist selten. 

Je enger die Beziehung zwischen Opfer und Täter, desto eher wird der Missbrauch über eine längere Zeit, intensiver und mit mehr (psychischer) Gewalt ausgeübt. Bei den polizeiliche registrierten Fällen hat nur etwa jedes dritte Opfer keine Vorbeziehung zu Täter oder Täterin.

Fremden Tätern sind meist exhibitionistische Handlungen zuzurechnen. Allerdings begehen (zumeist) fremde Täter auch die - sehr seltenen - Extremtaten (Entführung, Missbrauch, Misshandlung und schließlich sogar Tötung). Es ist kaum möglich Kinder vor solchen extremen Gewalttaten zu schützen. Dennoch sind eine fortwährende Angst oder Panik nicht hilfreich. Denn selbstbewusste Kinder sind wirksamer vor Missbrauch geschützt als verängstigte und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkte Kinder.

Auch Frauen üben sexuelle Gewalt aus

Polizeilich bekannt werden vor allem Männer als Täter von sexuellem Kindermissbrauch. Aber auch Frauen missbrauchen Kinder. Die Täter und Täterinnen kommen aus allen Gesellschafts-, Bildungs- und Altersschichten. Männer wie Frauen nutzen die Zuwendung, die Abhängigkeit und das Vertrauen eines Kindes nicht nur zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse aus, sondern auch als Ersatz für Machterleben oder Bestätigung in anderen Lebensbereichen.

Den typischen Täter gibt es nicht, aber viele unterschiedliche Tätertypen. Dazu zählen Personen, deren sexuellen Fantasien und Gedanken ausschließlich auf Kinder fixiert sind. Zwei Drittel der Täter wiederum bevorzugen eher gleichaltrige Partner. 

Die Geheimhaltung des Missbrauchs ein Teil der Täterstrategie: Alle Täter sichern sich das Schweigen der Opfer auf unterschiedliche Art und Weise. Zum Beispiel erzeugen sie bei ihren Opfern Schuld- und Schamgefühle, indem sie ihnen eine Mitschuld am Missbrauch geben. Gerade bei Missbrauch innerhalb der Familie muss der Täter oft gar keinen Druck ausüben: Betroffene Kinder schweigen auch, weil sie sich schämen, große Angst haben, ihre Familie zu zerstören, oder schlicht um ihre Eltern zu schützen.

Sexueller Kindesmissbrauch im näheren Umfeld des Kindes ist meist kein Zufall, sondern eine geplante Tat. Dabei geht er oder sie überlegt vor und gewinnt in der Regel zunächst das Vertrauen eines Kindes. Durch diese besondere Zuneigung fällt es Tätern oft leicht, Kinder zu isolieren und deren umstehende Personen zu beeinflussen, damit Missbrauch möglich wird. Sexueller Missbrauch sollte als eine dynamische Tat betrachtet werden – Täterinnen und Täter nutzen und schaffen Möglichkeitenfür Missbrauchshandlungen.

Betroffene Kinder sind schwer zu erkennen

Opfer sexuellen Missbrauchs sind überwiegend Mädchen, aber auch Jungen sind immer häufiger betroffen. Die meisten Kinder sind zum Zeitpunkt des Missbrauchs zwischen sechs und dreizehn Jahre alt. Jedoch sind auch Säuglinge und Kleinkinder sexueller Gewalt ausgesetzt. Betroffenen Kindern sieht man den Missbrauch oft nicht an: Körperliche Folgen sind dabei selten und werden auch nicht immer als solche erkannt. Daher sollten offensichtliche Unterleibsverletzungen und andere Wunden im Intimbereich immer abgeklärt werden.

Grundsätzlich gibt es keinen speziellen Opfertyp, den Täterinnen und Täter bevorzugen. Es scheinen aber Kinder gefährdet zu sein, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung weniger Selbstschutz aufweisen oder sich nicht richtig mitteilen können. Auch Mädchen und Jungen, die von ihren erwachsenen Bezugspersonen nur wenig emotionalen Rückhalt erhalten, können eher Opfer sexueller Gewalt werden.

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